Sonntag, 6. Oktober 2013
Der musikalische Quacksalber + Cembalowerke
Tastenfreuden Nr. 6



Tastenfreuden Nr. 6 ist eigentlich ein Hörbuch. Dieses Projekt hat Waldner für den ORF Tirol konzipiert und zusammen mit dem Literaturchef Dr. Martin Sailer entwickelt. Es ist eine Hörspielproduktion für den Rundfunk. Dabei handelt es sich um Johann Kunau, einem der bedeutendsten deutschen Barockkomponisten in der Generation unmittelbar vor Georg Friedrich Hendl und Johann Sebastian Bach. Kunau war der unmittelbare Amtsvorgänger von Bach als Thomaskantor in Leipzig. Er war der Sohn eines Tischlers, hat dann in Leipzig Rechtswissenschaften und Musik studiert und war dann Thomaskantor. In dieser Funktion hat er sehr viel geistliche Musik komponiert, so mehrere Kantaten - Jahrgänge für den liturgischen Gebrauch im Gottesdienst. Er galt allgemein als ein universalgebildeter humanistischer Mann, vielleicht einer der letzten barockuniversalen Genies. Dieser Johann Kunau hat eine eigene Rechtsanwaltskanzlei in Leipzig betrieben. Er war aber auch ein hervorragender Übersetzer und hat mehrere Texte aus dem Hebräischen, Lateinischen und Griechischen ins Deutsche übersetzt. Er war ein gebildeter Theologe und Kenner der Rhetorik. Er war auch schriftstellerisch tätig und hat im Jahr 1700 einen satirischen Musikerroman in publiziert, den musikalischen Quacksalber. Das ist ein Roman, der nicht sehr bekannt ist. Dass aber ein professioneller Komponist zugleich auch als Romanautor in Erscheinung tritt, das ist sehr, sehr selten in der Musikgeschichte. Im Barock gibt es eigentlich nur den Johann Peer, der in Weißenfels tätig war und dann später vor allem den E.T. H. Hoffmann, der nicht nur ein hervorragender Schriftsteller war, sondern eben auch ein durchaus ein erstzunehmender Komponist und ein sehr guter Zeichner. Also diese synästhetische Begabung ist bei Kunau ganz besonders ausgeprägt.
In diesem CD-Projekt sind deshalb Ausschnitte aus diesem sehr umfangreichen Roman in eine Hörspielversion gebracht und von Katharina Brenner, einer sehr bekannten Schauspielerin, besprochen. Zwischen diesen Passagen spielt Waldner sehr unbekannte Cembalo-Werke von Johann Kunau. Zu Unrecht unbekannte Musik,denn diese Musik ist auf einem sehr hohen Niveau.



Waldners Ziel war es, diesen Roman, der ganz viele Informationen über Musik und Aufführungspraxis der Musik dieser Zeit enthält, vorzustellen und zum anderen auch die Musik von Kunau in dieser entsprechenden Form zu präsentieren. Bei dem Roman handelt es sich um einen barocken Entwicklungs- und Schelmenroman. Bei der Hauptfigur des Stückes geht es um einen deutschen, der sich aus rein oportunistischen Gründen einen italienischen Namen zulegt, weil damals alles, was aus Italien kam, in der Musik sehr geschätzt war. Und so schwindelt er sich auf eine hochstaplerischen Art und Weise durch sein ganzes Leben. Das ist die Geschichte eines Lügners, eines Hochstaplers, eines Schwindlers. Dieser Roman zeigt den Abstieg dieser Figur, nicht, wie andere Entwicklungsromane, die positive Entwicklung dieser Figur. Er wird in verschiedenen Städten vorstellig und präsentiert sich dort als hervorragender Musiker. Doch die Fachmusiker entdecken sehr bald, dass er sein Metier nicht beherrscht. So muss er mit Schimpf und Schande die jeweilige Stadt wieder fluchtartig verlassen.
Er schwängert darüberhinaus mehrere junge Frauen und verwickelt sich in unheilvolle Geldgeschäfte, die dann zu Ruin und Bankrott führen. Letztlich landet er noch im Gefängnis. Kurz vor Romanende führt Kunau zwei Romanfiguren, einen Teologiestudenten und einen protestantischen Pfarrer, ein, die dann einen Wandel in dieser Biografie bewirken. Unter diesem Einfluss entscheidet er, eine seriöse Musikerausbildung zu machen. So gelingt es ihm letzten Endes sein Metier zu erlernen . Er bekommt dann auch eine Stelle. Er gründet eine Familie und verdient sich dann den Lebensunterhalt auf ehrliche Art und Weise. Der Roman mündet dann in ein Happy End.
Die Sprache von Kunau ist sehr bilderreich, pointiert, unglaublich virtuos und hat ganz viele Elemente aus der griechischen Mythologie. Das war ja auch der Hintergrund der Bildung der damaligen Zeit. Sowohl in der Literatur als auch in der Musikgeschichte sind diese Werke Höhepunkte. Deshalb hat Waldner diese Themen und diesem Komponsten und Schriftsteller dieses CD-Projekt gewidmet.

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